Ich dürste nach allen SeelenKarfreitag, 12. April 1968
C. -- Jesus, Maria, Joseph, ich liebe Euch, rettet Seelen.
Jesus - Meine Tochter, in dieser Schmerzensnacht will Ich dir von Mir sprechen, der Ich, am Kreuze hangend, die Arme ausgebreitet, mit geneigtem Haupt, mit zerrissenem Herzen, dem Vater Mein Leben hinopferte für die Rettung aller Menschen.
Ich kann dir die Zahl und das Mass Meiner Leiden nicht beschreiben. Ich kann dir nicht sagen, wie gross die Betrübnis Meines Geistes war, als Ich Mich nicht nur von den Menschen verlassen fühlte, ausgenommen von Johannes und Meiner Mutter, sondern auch von Meinem Vater, den Ich mit einer unendlichen Liebe liebte.
Wenn die Geisselung, die Dornenkrönung, der Gang auf den Kalvarienberg mit seinen Stürzen und die Kreuzigung Meinen Körper gemartert hatten, so folterte der Gedanke des Verlassenseins von Meinem Vater Meinen Geist, und dieses Leiden war weit schmerzhafter als das andere.
Das schönste Geschenk
Jetzt werde Ich dir die Worte wiederholen, die Ich in jenen so schmerzvollen Stunden sagte:
«Sohn, siehe da deine Mutter; Mutter, siehe da Deinen Sohn.»
Das schönste Geschenk, das Ich in jenem Moment den Menschen machen konnte, war dieses, euch eine Mutter zu geben, Meine Mutter. Ja, denn Johannes vertrat in jenem Augenblick die ganze Menschheit, und Sie empfing euch alle in Ihrem Schoss, drückte euch an Ihr Herz.
Um die Grösse dieses Geschenkes zu verstehen, müsstet ihr die Grösse Meiner Mutter kennen, sowohl in der Ordnung der Natur als auch in der Ordnung der Gnade. Erst im Himmel werdet Ihr imstande sein, es zu erfassen.
Jetzt kann Ich dir nur sagen, dass nie ein schöneres, ein heiligeres, ein mächtigeres Geschöpf existierte noch je existieren wird, das reicher an Gnade und Liebe als sie gewesen wäre, und dass nicht einmal Gott in Seiner Allmacht Sie vollkommener hätte schaffen können in Ihrer Unbeflecktheit und göttlichen Mutterschaft.
Nimm also dieses wundervolle Geschenk an und erinnere dich deiner Mutter, denn wie Ich dich Ihr anvertraut habe, so vertraue Ich Sie, die Ich so sehr liebte und liebe, dir an. Sie, die Meine Leiden mit litt, die Mich tot in Ihren Armen empfing, Sie, die so an Meinem Leiden teilnahm, dass man Sie mit Recht Miterlöserin des Menschengeschlechtes nennen kann.
Schmerzhafte Mutter, wache über deine Kinder! Möge keines verloren gehen! Wasche sie in Meinem Blute, nimm sie in Dein Herz auf, decke sie mit Deinem Mantel, auf dass keines verloren gehe. Zuviel, zuviel haben sie die Mutter und den Sohn gekostet!
Nachdem Ich der Menschheit und dir persönlich dieses kostbare Geschenk gemacht hatte, bat Ich um einen Trank oder besser, Ich sagte, dass es Mich dürste.
«Ich habe Durst!» Dies ist der Ruf, den Ich fortwährend an jede Seele richte und an die ganze Welt.
Ich dürste nach dir, nach deiner Liebe, nach deiner Heiligkeit. Ich wünsche in deinem Herzen zu wohnen. Meine Wohnung in ihm aufzuschlagen. Ich wünsche dein Glück, Ich habe Durst nach deiner Glückseligkeit. Ich wünsche, dass du mit Mir mitarbeitest an der Rettung der Welt.
Ich habe Durst nach Seelen
Ich dürste nach Seelen, nach allen Seelen, die Ich nach Meinem Ebenbilde erschaffen und für deren Erlösung Ich unbeschreibliche Schmerzen gelitten habe.
Einige Heilige haben Mich verstanden in diesem Meinem unlöschbaren Durst und haben Meinen Schrei zu ihrem eigenen gemacht. «Gebt mir Seelen», sagten sie. Und du, was machst du, um Meinen Durst zu stillen? Was machst du, um sie zu retten, um Mir zu helfen, sie zu retten? Willst du gleichgültig bleiben vor einem Sterbenden, der dich um einen Trank bittet? O, hilf Mir, Ich bitte dich! Hilf Meiner Mutter! Mache alles, was von dir abhängt, alles, was du kannst. Lass es dich nicht gereuen, das kleinste Opfer zu bringen, um so vielen Armen zu Hilfe zu kommen, die elendiglich verloren gehen würden.
Vielleicht genügt jenes kleine Opfer, jener Verzicht, die Annahme jenes Leidens in Vereinigung mit den Meinen, um einen Lichtstrahl, eine Bekehrung zu erlangen. O, hilf Mir, stille Meinen Durst! Ich verlange keine ausserordentlichen Leiden von dir, Ich fordere nicht von dir, Haus und Vaterland zu verlassen, Ich will nicht, dass du gegeisselt, mit Domen gekrönt oder gekreuzigt werdest, Ich bitte dich nur, Mich zu lieben und Mir alles das zu opfern, was du kannst ... auch nur ein Glas Wasser wird Meinen Durst stillen, den Ich als Sterbender litt.
Nachdem Ich mit diesen Worten, die wenige verstanden und wenige verstehen, gesagt hatte, wie gross Mein Wunsch nach Liebe und Seelen war, fühlte Ich noch bitterer das Verlassensein von Meinem Vater und Ich rief Ihm zu:
«Vater, Mein Vater, warum hast Du Mich verlassen?»
Der Vater konnte Mich nicht verlassen, weil Er mit Mir eins war, der Ich auch Gott war und bin, aber das Elend, mit dem Ich bedeckt war, war so gross und der Widerwille, den Meine Gottheit dagegen empfand, war so stark, dass sich in Mir gleichsam die Gottheit von der Menschheit trennte.
Freilich, Gott und Mensch konnten sich in Mir nicht trennen, denn die Einheit war zu tief, und wenn auch Mein Körper nach dem erlittenen Martyrium starb, so blieb doch Meine Seele unzertrennlich vereinigt mit der Gottheit, d. h. mit dem Vater und dem Hl. Geiste.
Nun, in jenem Moment der Trostlosigkeit sah ich alle jene, die, von der Schwere des Leidens erdrückt, sich von Gott verlassen fühlen.
O, Ich begreife diesen Schmerz; wie sehr möchte Ich allen zu verstehen geben, dass Gott sie nicht verlassen kann, dass Er ihnen im Leiden noch näher steht, dass die Seele von Gott nur durch die Sünde getrennt werden kann, und dass diese Trennung, solange der Mensch lebt, nicht definitiv ist, weil die Seele Gott, als ihrem Schöpfer gehört.
Ich verstehe euch
Erst in der Hölle wird eine vollständige Trennung stattfinden. Dort ist kein (übernatürliches) Leben mehr, denn Gott ist das Leben der Seele, und die Seelen der Verdammten bemerken Gott nicht, auch wenn Er mit Seiner Gerechtigkeit gegenwärtig ist.
Seelen, die ihr in der Trostlosigkeit lebt und denkt, dass euch Gott verlassen hat, dass Er euch vergessen hat, dass Er euch nicht liebt, kommt zu Füssen Meines Kreuzes, betrachtet Mich, hört auf Mich. Ich verstehe euch, Ich habe vor euch diesen Schmerz durchgelitten, Ich habe vor euch gesagt: «Vater, warum hast Du Mich verlassen?», aber dann, liebe Kinder, wenn euch unter dem Drucke des Schmerzes ein Ausruf der Verzweiflung und der Angst aus dem Munde entringt, schaut Mich an, der Ich euch Beispiel in allem war, und sagt mit Mir:
«Vater, in Deine Hände empfehle ich meinen Geist.»
Ja, vertraut dem Vater auch die Kümmernisse an, welche die Seelen betrüben und die schlimmer sind als jene des Körpers. Ermannt euch wieder. Ich bitte euch, denkt nicht, von Gott verlassen zu sein.
Auch Ich sah am Kreuze das Gericht Gottes sich über Mich entfesseln. Ich sah Mich in der tiefsten Trostlosigkeit, dennoch war der Vater mit Mir und in Mir. Er litt mit Mir und für Mich und liebte Mich wie Er Mich seit Ewigkeit geliebt hatte.
Habt Mut, Kinder, die ihr leidet, Ich bin mit euch, der Vater ist mit euch und liebt euch. Erhebt eure Blicke, schaut in euer Inneres und ihr werdet Mich als Mitleidenden in euerm Herzen finden, beobachtet eure Umgebung, und ihr werdet sehen, wieviele noch mehr leiden als ihr, und wie das Leid sich in Freude verwandeln kann, wenn es als Mittel, andere zu trösten und zu retten, nutzbar gemacht wird.
«Es ist vollbracht», sagte Ich dann. Ja, das Opfer war vollbracht. Ich hatte Mein Tagewerk vollendet, wie es Mein Vater gewollt hat, und Ich kehrte zum Vater zurück.
Liebe Kinder, jeder, der in die Welt kommt, hat eine besondere Mission auszuführen; jedem Menschen ist ein Auftrag anvertraut. Was einer sich weigert zu tun, wird von keinem andern gemacht werden können.
Es ist sehr wichtig, das, was Gott von uns will, zu erkennen und im Leben Seinen Willen auszuführen.
Mögest du am letzten Tag den Gipfel des Kalvarienberges erreichen und dann sagen können: Ich habe mein Tagewerk für den Herrn vollbracht, ich habe meine Mission erfüllt, jetzt erwartet mich das Paradies wie den guten Schächer, der neben dem Kreuze Jesu hing.
Und Ich verspreche dir, dass Ich dank der unendlichen Verdienste jenes Blutes, das Ich bis zum letzten Tropfen am Kreuze vergossen habe, dir antworten werde:
«Heute, ja heute noch wirst du mit Mir im Paradiese sein.»