Der Pfarrer und das Dorf, in dem er gewirkt, sind derart miteinander verbunden, daß mancher seinen Namen gar nicht kennt: Johannes- Maria Vianney.
So einmalig und unvergeßlich war er Pfarrer, sein Name ging einfach unter in seinem Amt!
Dieser Pfarrer von Ars! Er ragt wie ein Fels in der Brandung in der Zeit des kalten Rationalismus. Ein eleganter Spötter meinte in Paris zu seinen Freunden: "Ich besuche ihn". Als er zurückkam, berichtete er kleinlaut: "Ich habe Gott in einem Menschen gesehen!" Das Ziel für uns alle! Die Leute müßten in uns [esus begegnen können. Der Pfarrer von Ars hat gewiß außerordentliche Gnaden bekommen. Er veranschaulicht einer Zeit, in der Menschen vor dem Fernsehgerät Stunden verbringen, für den Tabernakel wenig oder kaum mehr Zeit haben, was beten bedeutet.
Er betete und betete, unentwegt, flehend, seufzend, ja, mit Tränen. Zum Beten kam das Fasten. Wenn man von unseren Essensgewohnheiten ausgeht, hat er eigentlich ständig gefastet. Kartoffeln kochte er gleich für die ganze Woche ... Er aß sie auch dann, wenn sie bereits zu schimmeln begannen. Wir halten es vielleicht für überspannt.
Aber: "Diese Geister werden nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben!" (Mk 9,29) Das Leben des Pfarrers von Ars bewahrheitet dieses Wort Christi.
Als die Professoren des Seminars sich nicht entscheiden konnten, Jean-Marie zur Priesterweihe zuzulassen, weil er theologisch zu ungebildet schien, sagte der Generalvikar der Diözese: "Ist der junge Vianney fromm? Kann er richtig den Rosenkranz beten? Verehrt er die heilige Jungfrau ... ? Die Gnade wird das übrige tun."
So kam Johannes-Maria, Spätberufener, aus gesunder, tiefgläubiger Bauernfamilie, in dies Dorf mit vielen Kneipen und einer verwahrlosten Kirche.
Ein Priester hatte gemeint, als Johannes-Maria Vianney nach Ars geschickt wurde: "Dort liebt man Gott nicht mehr, Sie müssen die Gottesliebe erst hintragen." In den erzbischöflichen Archiven befanden sich Berichte über Ars in denen es u. a. hieß: "Die meisten von ihnen unterscheiden sich nur dadurch von den Tieren, daß sie getauft sind."
Es war ein steiniger Weinberg. Die Mitbrüder zeigten wenig Verständnis. Der Satan mit seiner Witterung für heilige Seelen setzte ihm tags zu und noch mehr in der Nacht. Das Rezept des Pfarrers war: beten, fasten und ein unerschütterliches Vertrauen auf die Gottesmutter.
Bereits vor seiner Priesterweihe hatte er versprochen: Beim Stundenschlag ein Ave Maria zu beten, dazu: "Gepriesen sei die heiligste und Unbefleckte Empfängnis der seligsten Jungfrau Maria, der Muttergottes. O Maria, mögen doch alle Nationen dich verherrlichen und der ganze Erdkreis dein Unbeflecktes Herz anrufen".
Die Herz-Mariä-Verehrung war damals nicht selbstverständlich. Gewiß, Frankreich hat der Kirche den großen Marienverehrer, Ludwig Maria Grignion, und den Verehrer der heiligsten Herzen Jesu und Mariens, den hl. Johannes Eudes geschenkt. Der Pfarrer von Ars hat aber erstaunlicherweise vorweggenommen, was durch die Erscheinung von Fatima so eindeutig verkündet wurde: "Jesus möchte auf Erden die Verehrung meines Unbefleckten Herzens begründen." So sagte die Gottesmutter zu den Seherkindern. Ja, sie verlangte die Weihe der Welt an ihr mütterliches Herz.
Johannes-Maria Vianney schrieb die Namen seiner Pfarrkinder auf ein weißes Seidenband und schloß es in ein silbernes Herz, das er der Statue der Gottesmutter wnhängen ließ. Er hat seine Pfarrkinder der Muttergottes ans Herz gelegt. Wer nach Ars kommt und neben der Basilika die schlichte, kleine Dorfkirche von ehedem erblickt, den grüßt eine Statue der Gottesmutter mit ausgebreiteten Armen. Was heute gar nicht mehr so selbstverständlich ist, der Pfarrer von Ars, für sich persönlich anspruchslos, tat alles, um die Gottesdienste feierlich zu gestalten. Die Festtage des Herrn und der Gottesmutter wurden festlich begangen. "Sein Gesicht strahlte. Von der Kanzel wandte er sich der Marienstatue zu mit dem Entzücken eines Kindes, das mit seiner geliebten Mutter spricht. Er sprach mit hinreißender Begeisterung von der Heiligkeit Mariens, von ihrer Macht und Liebe." So die Aussage eines Zeugen beim Heiligsprechungsprozeß.
Die Muttergottes hat ihn nicht enttäuscht. Er hat erkannt, wovor sich so viele verschließen: Maria ist immer der Weg, der zu Jesus führt.
Als sich die Bewohner des Dorfes buchstäblich gewandelt hatten, stellte der heilige Priester mit demütiger Freude fest: "Ars ist nicht mehr Ars!"
Wir brauchen nicht unbedingt Namen auf Papier schreiben und sie in eine silberne Kapsel legen, aber wir sollten die uns Anvertrauten immer wieder dem Herzen Mariens anempfehlen. Wir sollten in der Zeit, in der so viele Menschen suchen, sich fernöstlichen Religionen zuwenden, weil es bei uns zu nüchtern und zu kalt ist.unsere Gottesdienste feierlich und innerlich gestalten und den verlorenen Kindern die Mutter wieder schenken.
Vor allem ist der Pfarrer von Ars der Heilige des Beichtstuhls. Tief ergriffen stehen wir vor dem roh gezimmerten engen Gehäuse, in dem der Pfarrer bis zu 18 Stunden täglich Beichte hörte. Im Sommerwar es die erstickende Hitze, im Winter erstarrten ihm die Füße vor Kälte. Die Ausdünstung der vielen Menschen, die aus allen 4 Himmelsrichtungen nach Ars strömten, Menschen aller Berufsschichten, jeden Alters, Prälaten, sein eigener Bischof gingen zu ihm beichten. Abstraktes Denken war nicht seine Stärke, er besaß gesunden Menschenverstand, auch eine bäuerliche Schalkhaftigkeit blitzte bisweilen aus seinen Augen, er war von tiefgegründeter kindlicher Frömmigkeit. Er mußte entscheiden in heikelsten Gewissensfragen und verworrene Situationen klären. Er wußte den Beichtkindern Mut zu machen, verstockte Sünder vermochte er bisweilen mit einern schlichten Wort zu rühren: "Was hat ihnen denn der Herr getan, daß sie ihn so behandeln?" Anderen, die mutlos wurden, gab er Mut, ihre Laster zu überwinden, auf sein eigenes Leben verweisend. Auch er müsse sich mit Versuchungen herumschlagen. "Wen der Teufel nicht mit dem Hochmut und mit der Unkeuschheit in Versuchung führt, der hat keine Ahnung vorn geistlichen Leben."
So standen Menschenschlangen beim Beichtstuhl. Ja, noch an sein Sterbebett drangen reumütige Sünder vor. Er war so schwach, daß er kaum noch sprechen konnte. Ein Jahrhundert nach Voltaire, beruft die Gnade Gottes diesen armen Priester, der mit knapper Not sein Examen bestanden hatte, gerade noch zur Weihe zugelassen war, "Gericht zu halten über die Seelen, ihre Geheimnisse abzuwägen und zu entscheiden". (R. Fourrey)
Tage und Nächte hörte Vianney geduldig das eintönige Gemurmel: "Vater, ich habe gesündigt ... Mein Vater, ich bekenne meine große Schuld ... " Stundenlang an den Beichtstuhl gefesselt, klagte er einmal ob dieser Tortur. "Man muß nach Ars kommen, wenn man erfahren will, was die Sünde ist. Man weiß nicht, was man dagegen tun soll,
man kann nur weinen und beten!" Dreimal versuchte er die Bürde abzuschütteln, zu flüchten. Er kehrte in das Joch zurück und flüsterte wehen Herzens "Was würde sonst aus an den armen Sündern werden?"
Sollten wir nicht in der tiefen Not unserer Zeit das wunderbare Leben dieses demütigen, liebenswürdigen und doch entschiedenen Priesters betrachten, um unseren Glauben an Gottes Allmacht und Güte zu kräftigen und um von ihm das kindliche Vertrauen zum Herzen der Mutter zu lernen.
Heiliger Pfarrer von Ars, bitte fiir diese Menschheit, die weithin das Bewußtsein von Sünde und Schuld verloren hat! Hf. Pfarrer von Ars erflehe uns gute Priester, begnadete Beichtväter!